Seit gut einer Woche bin ich auf Lesbos, und ich will mich nun einmal melden mit meinen ersten Eindrücken: was ich mache, wie es mir geht und was ich mitbekomme von der Situation der Menschen, die auf dieser Insel in Europa ankommen – aber nicht mehr erwünscht sind.
Es ist hier ein seltsamer Gegensatz, der auch oft schon beschrieben wurde: Auf der einen Seite die Urlaubsstimmung, die Wärme und die Leichtigkeit, die über Mytilini mit seinem Hafen, den Stränden und den engen Gassen liegen. Mir fällt das besonders auf im Kontrast zu der Lockdown-Welt, die ich in Berlin hinter mir gelassen habe, mit dem kalten Frühling und den ganzen Beschränkungen. Hier hat für mich ganz abrupt der Sommer begonnen, und in der Altstadt sind die Cafés und Restaurants voll – man kann sich jederzeit und ohne Test einfach draußen an einen Tisch setzen. Obwohl ansonsten auf den Straßen fast mehr Maske getragen wird als in Berlin, fühlt sich alles sehr nach Ferien an.

Doch der Sommer, das Meer und die traumhafte Natur sind nur der eine Eindruck dieser Woche. Der andere ist der Alptraum von Moria und seines unseligen Nachfolgelagers. Während Touristen wieder ohne größere Hindernisse einreisen können, werden die Asylsuchenden unter dem Vorwand von Covid-19 weiter im Lager eingesperrt. Für sie gelten keine Lockerungen, und Impfungen gibt es für sie auch noch nicht. Jeder Bewohner darf ohne außerordentliche Gründe wie einen Arzttermin nur einmal pro Woche für drei Stunden das Lager verlassen.
Moria 1 und Moria 2
Die Überreste von Moria 1 Moria 2
Ich bin beiden Lagern in dieser Woche schon begegnet. An Moria beziehungsweise an dem, was davon übriggeblieben ist, bin ich am Samstag halbwegs zufällig vorbeigekommen, als ich bei einer Wanderung einen Weg durch die Hügelkette an der Küste zurück nach Mytilini gesucht habe. Beim Aufstieg durch die Olivenhaine tauchten am Hang gegenüber plötzlich die Überreste des Lagers auf, eine graue Raute, eingebrannt in das von mildem Abendlicht beschienene Grün.
Alle Geflüchteten, die mir in dieser Woche begegnet sind, hatten monatelang an diesem Hang gelebt. Und alle waren später, nach dem Brand im September, in das neue Lager gebracht worden, zu dem ich schon am Montag gelaufen bin. Vom alten Hafen von Mytilini aus geht man eine gute Dreiviertelstunde an der Küste entlang nach Norden, vorbei an dem großen Siloturm mit dem riesigen Graffitto „Close Moria! Smash Fascism“, vorbei an den Containerwohnungen des kleinen Familienlagers Kara Tepe, des letzten menschenwürdigen Lagers auf Lesbos, das die griechische Regierung im März zwangsweise dichtgemacht hat, vorbei an der Lidl-Filiale, die im September zu weltweiter Bekanntheit gelangte, als hier nach dem Brand in Moria Tausende auf der Straße schliefen. Auf der Höhe des neuen Lagers angekommen, sehe ich die weißen Zelte nur aus der Ferne, die um einen Hügel am Meer herum gruppiert wurden, auf dem Gelände einer ehemaligen Schießanlage, deren genaue Bleibelastung bis heute nicht zweifelsfrei ermittelt wurde. Am Haupteingang am nördlichen Ende des Lagers steht ein großer Polizeibus, mitsamt einer Truppe, die offensichtlich für einen Großeinsatz ausgerüstet ist. Doch an diesem Abend ist alles friedlich – ein Foto wage ich hier aber aus guten Gründen nur von hinter dem Bus, wo mich die Polizisten mit ihren Schilden nicht sehen können.
Es hat mich gleich an meinem ersten Tag auf der Insel zu dem Lager hingezogen, weil ich wusste, dass dieses Camp meine Zeit auf Lesbos prägen wird – auch wenn ich es nicht betreten werde: Nur Mitarbeiter von Organisationen, die in dem Lager arbeiten, dürfen hinein, selbst für Journalisten ist das schwierig. Doch die „beiden Morias“ begegnen mir in dieser Woche dennoch immer wieder in den Gesprächen, die ich mit seinen früheren BewohnerInnen führe – als Schatten, der sich in das Gedächtnis tief eingebrannt hat. Das merke ich schon bei der Busfahrt zurück in die Stadt, bei der eine afghanische Mutter mit ihren zwei Kindern neben mir sitzt. Mit dem vielleicht zwölfjährigen Sohn Muhammad, der in der wunderbaren, von Geflüchteten selbst organisierten „Wave of Hope“-Schule im Lager Englisch lernt, kann ich mich unterhalten. Sie kommen aus Kundus, haben knapp zwei Jahre in Moria gelebt, danach seit dem Feuer im neuen Lager. Seit vergangener Woche sind sie ihm endlich entkommen und konnten in eine Wohnung in Mytilini umziehen. Sie sind alleine auf der Flucht – „I don´t have a father“, sagt mir Muhammad, als ob es einfach immer so gewesen sei. Als ich erzähle, dass ich in Deutschland für Ärzte ohne Grenzen arbeite, zeigt mir die Mutter auf ihrem Handy erfreut eine Karte mit dem MSF-Logo, es ist eine Terminvereinbarung in der psychosozialen Klinik in Mytilini drei Tage später, in der PatientInnen mit schweren psychischen Belastungen behandelt werden. „Many problems“, sagt sie und deutet auf ihren Kopf. Sie spricht nicht viel Englisch, aber als es um das Lager geht, möchte sie doch eines betonen – nach einem Stoßseufzer, wie nach dem Erwachen aus einem bösen Traum: „It´s a bad camp.“
Lesvos Solidarity

Schutzbedürftigen Geflüchteten einen sicheren Raum außerhalb der Lager anzubieten, sie solidarisch aufzunehmen und gemeinsam mit ihnen das Zusammenleben zu organisieren, das war der Gründungsimpuls von „Lesvos Solidarity“, der Organisation, bei der ich in diesen Wochen etwas mithelfe. Entstanden als lokale Solidaritätsgruppe, brachte sie seit 2012 Geflüchtete in einem leerstehenden Feriencamp für Kinder namens „Pikpa“ unter – geduldet von den Behörden, die weiterhin Eigentümer des Geländes waren und immer ambivalent auf dieses selbstorganisierte Projekt blickten, das andererseits bei vielfachen Gelegenheiten als Not-Unterbringung willkommene Entlastung bot. Pikpa wurde über die Jahre zu einer der wenigen Alternativen zu Moria und zu einer ständigen Erinnerung daran, dass man Asylsuchende auch menschenwürdig unterbringen kann. Bald überwiesen Organisationen wie das UNHCR Schutzbedürftige hierher, UNICEF startete eine Kooperation, um Minderjährige in spezieller Betreuung unterzubringen. Gleichzeitig kamen immer mehr „Volunteers“ aus ganz Europa und darüber hinaus, und rund um Pikpa entstanden weitere Initiativen mit und für Geflüchtete: das Bildungs- und Kulturzentrum Mosaik, der „Safe Passage Bags“-Workshop, in dem Geflüchtete erst aus den massenhaft an den Stränden liegengebliebenen Rettungswesten, später auch aus Überresten von Schlauchbooten Taschen und andere Dinge schneidern, und die Upcycling-Werkstatt „Humade Crafts“.
Pikpa Safe Passage Bags Humade Crafts Mosaik
Spätestens mit dem Wechsel der griechischen Regierung und des Bürgermeisters von Mytilini 2019 (der im Wahlkampf damit geworben hatte, er werde Pikpa den griechischen Kindern zurückgeben) wurden die Angriffe gegen Pikpa immer schärfer. Am 30. Oktober vergangenen Jahres hat die griechische Regierung schließlich Pikpa geschlossen und die Bewohner zunächst in das „Kara Tepe“-Familienlager gebracht. Nachdem sie dieses Lager im März ebenso dicht gemacht hat, sind die ehemaligen Pikpa-Bewohner wieder gezwungen, in Zelten in „Moria 2“ zu hausen.
Die Leute hinter „Lesvos Solidarity“ gaben trotzdem nicht auf. Mitten in der Pandemie und unter fortgesetzter Verleumdung durch den Bürgermeister versuchte das Team, sich neu zu strukturieren und die Arbeit fortzusetzen. Das Mosaik-Zentrum stellte auf digitale Kurse um, aber für die meisten Schüler aus dem Camp wurde es, nur über WhatsApp verbunden, enorm schwierig bis unmöglich, weiter teilzunehmen. Im „Safe Passage Bag“-Workshop gab es zuletzt unter den beschäftigten Geflüchteten aus dem Lager Covid-19-Fälle, so dass das gesamte Team (und auch das von Mosaik, in dessen Haus sich die Schneiderei befindet) für zwei Wochen in Quarantäne musste. Erst heute können beide Initiativen wieder weitermachen. Vor allem aber wurde ein neues Projekt zur Unterbringung von Geflüchteten in Häusern in Mytilini gestartet: In einem ersten Haus, das ich am Mittwoch kurz besucht habe, leben neun schutzbedürftige Frauen und Kinder, die von einem festangestellten Team aus einer Krankenschwester, einer Psychologin, einer Sozialarbeiterin, einem Übersetzer etc. betreut werden. Das Team unterstützt auch weiterhin die früheren BewohnerInnen von Pikpa und bietet darüber hinaus verschiedene Workshops an, um mit den psychischen Belastungen im Lager besser umgehen zu können – zwei Kurse im Freien konnten trotz Corona starten. Außerdem werden weitere Unterkünfte hergerichtet: Ein weiteres – ziemlich heruntergekommenes – Haus (links) wurde gefunden, in dem künftig bis zu 25 Personen wohnen sollen. Zwei lokale Handwerker werden es in den kommenden Wochen zusammen mit zwei/drei Geflüchteten, die dadurch eine Ausbildung absolvieren, herrichten. Im Gegenzug kann „Lesvos Solidarity“ es dann für 15 bis 20 Jahre zu extrem günstigem Preis mieten.
Ich finde es beeindruckend, wie dieses Team trotz gewaltigen Gegenwinds nicht aufgibt und neue Wege sucht, um wenigstens einigen Geflüchteten eine gute Unterkunft und etwas Eigenständigkeit zu verschaffen. Es ist leider mittlerweile mehr als offensichtlich: wer sich derzeit an den Außengrenzen der EU um einen würdigen Umgang mit Geflüchteten engagiert, der tut das gegen den Widerstand der Staaten, die auf Abschreckung setzen.
Raus aus dem Lager
Für mich bedeutet diese neue Situation bei „Lesvos Solidarity“ unter anderem, dass sich anders als vor meinen kurzen zwei Wochen in Pikpa vor zwei Jahren Kontakte zu Geflüchteten nicht mehr automatisch ergeben. Damals habe ich vor allem beim Kleidungs-„Shop“ geholfen, in dem sich die BewohnerInnen gespendete Altkleider aussuchen konnten. Diesmal sitze ich vorwiegend im Büro und assistiere bei verschiedenen Kommunikationsaufgaben, mache Fotos etc. Ich treffe zwar auch Geflüchtete, aber meist zufällig in der Stadt, und besonders einige der wenigen, die irgendwie aus dem Lager herausgekommen sind. Die erste davon war Josette (Name geändert), ein Jahr alt.
Am Montag vor einer Woche war ich gerade auf dem Heimweg in meine Unterkunft, als Josette in ihrem Kinderwagen offensichtlich etwas von mir wollte. Gleichzeitig streckte sie ihre Hände zu ihrer Mutter aus. Die lachte und erklärte mir: Josette wollte telefonieren! Sie drückte das schließlich dargebotene Handy der Mutter ans Ohr und schien angestrengt zu horchen, während ich mein Telefon ebenfalls ans Ohr hielt und etwas hineinsprach. So lernte ich neben Lisette auch ihre Eltern Aminata und Abdulaye (Namen geändert) aus Gambia kennen, und sie erzählten mir diese Geschichte:
Josette ist das dritte Kind der beiden, die aus der größten Stadt Gambias, Serekunda, kommen. Ihre Verbindung (er Muslim, sie Christin) stieß bei der Familie der Mutter aber auf brüske Ablehnung. Das erste Kind war noch als Säugling gestorben. Das zweite verschwand etwa eine Woche nach der Geburt spurlos aus dem Haus, während Aminata nur kurze Zeit im Garten gewesen war. Die einzig plausible Erklärung dafür: Aminatas Mutter, bei der sie damals lebte, musste das Baby verschwinden haben lassen – für sie war es das unerwünschte Ergebnis einer Beziehung, die sie zutiefst ablehnte. Alles Suchen und eine Anzeige (der örtliche Polizist war der Bruder der Mutter) halfen nichts, die Tochter blieb verschwunden. Die beiden fühlten sich gefangen in mächtigen Familienstrukturen. Als Aminata zum dritten Mal schwanger wurde, entschieden sie sich zur Flucht.
Auf Lesbos kamen sie an einem besonderen Tag an: am 28. Februar 2020, dem Tag, an dem Recep Tayyip Erdogan die Grenzen der Türkei zu Griechenland für offen erklärte und an dem an der Landgrenze sowie auf den griechischen Inseln das Chaos ausbrach. Aminata war inzwischen hochschwanger, und während sich die Situation auf Lesbos immer weiter zuspitzte, Rechtsradikale auf die Insel strömten, um „Europa zu verteidigen“, und sich die Wut auf Geflüchtete und NGO-Mitarbeiter entlud, kamen Aminata und Abdoulaye in Moria an und schliefen die ersten Nächte auf Bänken. Nur vier Tage nach der Überfahrt nach Lesbos brachte Aminata im Krankenhaus von Mytilini Josette zur Welt und durfte wenigstens sechs Tage lang bleiben. Danach mussten Mutter und Kind zurück nach Moria, in ein winziges Zelt (siehe unten) in den Olivenhainen rund um das eigentliche Lager – etwas Besseres hatte Europa Josette nicht zu bieten. Es war Winter, und nichts in Moria war dazu geeignet, ein kleines Baby großzuziehen – nicht das Zelt, nicht die Sanitäranlagen, nicht die medizinische Versorgung. Geimpft wurde Josette in der provisorischen Klinik von Ärzte ohne Grenzen. Als sie später einmal krank wurde, konnten die vollkommen unterbesetzten Ärzte der griechischen Regierung nicht helfen, aber glücklicherweise diejenigen der „Boat Refugee Foundation“.

Am 8. September brannte Moria. Aminata und Abdulaye verloren alles – ein deutscher Journalist besorgte ihnen wenigstens wieder Schuhe. Vier Tage lebten sie auf der Küstenstraße, ohne funktionierende Essensversorgung, vor allem aber ohne Trinkwasser. Einige der Geflüchteten schnitten eine Leitung auf, aus der dann alle tranken – ohne zu wissen, ob das Wasser überhaupt trinkbar war. Nach vier Tagen gingen sie, ohne es eigentlich zu wollen, in das neue Lager. Dort erwartete sie eines der kleinen Zelte, die so oft in Fotos aus dem Lager zu sehen sind – ein Zelt zusammen mit zwei anderen Familien. Es kam erneut der Winter, und mit ihm die Überschwemmungen. Anfangs hatten die Zelte noch keine Paletten darunter – Aminata beschrieb mir, wie der komplett durchnässte Boden unter den Füßen nachgab. Ich fragte mich, wie man unter solchen Bedingungen überhaupt schlafen könne: „We had no choice.“ Im Frühjahr konnten sie dann umziehen in eines der riesigen Großzelte, die so genannten „Rub Halls“. Dort war der Innenraum aufgeteilt in 18 abgetrennte Bereiche, jeder Bereich beherbergte drei Familien. Mit mehr als 50 Familien im Zelt sei es aber nachts so laut gewesen, dass man kaum schlafen konnte. Als Aminata dann krank wurde, konnten sie mit Mann und Kind umziehen in die Stadt. Volunteers, die mit einer der Organisationen im Lager arbeiteten, hatten ihnen eine Wohnung gefunden und diese für einige Monate gemietet. Allerdings verstand ich dann, dass sie eigentlich gar keine Erlaubnis haben, aus dem Lager auszuziehen. Offiziell leben sie noch immer dort im Zelt und bekommen auch alle Mitteilungen dorthin – die zwei anderen Familien machen bei dem Spiel mit, da sie sich dann wenigstens ihr Planquadrat im Zelt nur mit einer anderen Familie teilen müssen statt mit zweien…
Zusammengefasst: Griechenland und die EU, die sich eigentlich verpflichtet haben, gewisse Standards bei der Aufnahme einzuhalten, scheren sich nicht darum und zwingen alle Asylsuchenden in ein unwürdiges Großlager, während sie die guten Lager dichtmachen. Sie beauftragen NGOs, in diesem Camp die Verhältnisse wenigstens ein bisschen zu verbessern. Die ehrenamtlichen Volunteers dieser Organisationen wiederum sind so entsetzt über die Zustände, dass sie Geflüchtete heimlich am System vorbei wieder aus dem Lager herausschleusen, um wenigstens einigen angemessene Lebensbedingungen zu ermöglichen. Dieses System ist komplett krank.
Und es wird noch schlimmer werden: Die Zukunftspläne Griechenlands und der EU sehen noch mehr Abschottung, Isolation und Abschreckung vor – auch damit hatte ich diese Woche zu tun. Babis Petsikos, der bei „Lesbos Solidarity“ politische Arbeit für die Geflüchteten auf Lesbos macht und mit dem ich vor allem zusammenarbeite, hat sich ausgiebig damit beschäftigt. Doch davon schreibe ich ein andermal.
Aminata und Abdoulaye sind sich übrigens sehr deutlich bewusst, wofür auf Lesbos die Regierungen verantwortlich sind und wofür die NGOs. Letzteren, und vor allem den einzelnen MitarbeiterInnen und Volunteers, sind sie sehr dankbar. Doch vom politischen Europa fühlen sie sich völlig vor den Kopf gestoßen. Am Dienstag, nach 15 Monaten, haben die beiden die Entscheidung über ihren Asylantrag erhalten. Er wurde abgelehnt.
Meer und Hund
Noch mehr als in Deutschland habe ich hier, wo die flüchtlingsfeindliche Politik noch stärker zu spüren ist und noch viel direkter die Menschen betrifft, ein Gefühl von Ohnmacht. Dass diejenigen, die sich für Solidarität und für die Einhaltung eigentlich fest vereinbarter Grundsätze von Flüchtlingsschutz und für Mindeststandards einsetzen, mehr und mehr gegen Windmühlen ankämpfen, während Europa wegschaut und trotzdem weiter stillschweigend daran arbeitet, die Festung um den Kontinent hochzuziehen. Und doch ist es auch beeindruckend zu sehen, wie sich eine zähe Zivilgesellschaft diesem Trend entgegenstellt, und wie Initiativen und Gruppen aus ganz Europa sich mit der Abschottung und ihren Folgen für die Einzelnen nicht abfinden wollen.

Und so sitze ich manchmal abends auf der Dachterrasse des Hauses und schaue über die Stadt und das Meer hinüber Richtung Türkei. Es ist ein sehr schöner Ausblick und sehr friedlich. Ich wohne hier zusammen mit einem anderen Volunteer im Haus einer Studentin, die in der Coronazeit nach Athen zurückgekehrt ist, aber ihren Hund dagelassen hat (um den sich aber jemand anderes kümmert). Von Canelo, dem freundlichen Vierbeiner, werde ich mich aber bald verabschieden: Die Studentin holt ihn zu sich. (Wenigstens die Hunde dürfen noch die Insel verlassen.)
